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Vom Stadtgarten zur LAga

„Hier hat’s viel mehr Natur. Hier ist es viel grüner, und ich find’s hier viel lieblicher und angenehmer. Und in den Städten, oder in Großstädten, ist es einfach viel kälter.“- Interview Uran Bajramaj

So rasant die Stadt sich auch bei der Bebauung weiterentwickelte, so wenig hielt die „Stadtverschönerung“ mit der Anlage von Grünflächen in den ersten Jahren Schritt. Erst als die junge Stadt aus Überschüssen der Bezirkssparkasse Gelder für gemeinnützige Zwecke erhielt, kam ein Projekt für die Anlegung eines Stadtgartens ins Rollen. Auch ein geeigneter Ort wurde rasch gefunden: die „Kessler-Insel“ zwischen Aach und Mühlkanal. 1908 erstellten die Singener Gärtner Schmid und Stetter einen Plan, der in der Mitte der Anlage einen Musikpavillon vorsah: „Die Besucher sollten auf befestigten Wegen zu lauschigen Sitzplätzen gelangen mit Ausblick auf den Hohentwiel.“ Bereits 1909 konnte der Stadtgarten mit einem Konzert der „Stadtmusik“ feierlich eingeweiht werden – die Singener waren stolz auf ihre erste städtische Grünanlage! Dies zeigt sich auch daran, dass in den ersten Jahren jedes Wochenende Konzerte im Freien stattfanden. Kindern war übrigens zunächst der Zutritt ohne Erwachsene verboten. 1935 erhielt der Stadtgarten sogar einen Vogelpavillon für Boden- und Flugvögel, das heute nicht mehr erhalten ist.

Unter Oberbürgermeister Friedhelm Möhrle erhielt der Stadtgarten eine weitere Aufwertung: als innerstädtische Grün- und Erholungszone wurde der Park im Westen bis zur Offwiese und nach Osten bis zum Rathaus ausgeweitet. Diesem Grünstreifen wurde bereits in den 1970er Jahren die Funktion einer „grünen Lunge“ für das strapazierte Stadtklima in der dicht bebauten Innenstadt zugewiesen. In der Befragung des Stadtarchivs zur Singener Identität liegen die Aach und den Stadtgarten in der Rubrik „Wohlfühlorte“ daher auch wenig überraschend auf den vordersten Plätzen!

Ich bin zum ersten Mal nach Singen gekommen 1946 und fand es damals die schönste Stadt hier, weil es eine Gartenstadt war! Mit den ganzen Gärten vor den Häuser, die Stadt war nicht zu hoch, die Häuser hatten nur zwei, drei Stockwerke. Singen ist eine grüne Stadt!
Teilnehmer beim Workshop "125 x SINGEN"

Grünflächen als „Klimaretter“ – Begrünung der Innenstadt

Bereits in den 1930er JAhren wurden erste Vorgärten zur Schaffung einer "autogerechten Innenstadt" beseitigt. An diese Entwicklung wurde in den 1950er und 1960er JAhren angeknüpft. Die Weiterentwicklung der städtischen Grünflächen wurde dann erstmals im Landschaftsplan von 1979 festgelegt: Die Durchgrünung des Singener Kernstadtbereichs wurde hier mit oberster Priorität eingestuft. Das neue Stadtgrün soll nicht nur das Stadtklima verbessern, sondern auch die Aufenthaltsqualität im Freien. Den Bäumen kommt in Bezug auf das Stadtklima eine entscheidende Bedeutung zu. Unter dem Motto „Ökologie – Denken an übermorgen!“ werden entlang der Straßen Bäume als Begleitgrün gepflanzt. Erste Ansätze für den innerstädtischen Klimaschutz finden sich im Straßenbau: verkehrsreiche Straßen werden unter Berücksichtigung des West-/Ostwindes im Stadtgebiet nicht mehr an der Westseite von Wohngebieten vorbeigeführt.

Als zukünftiges Konfliktpotential wurde der Ausbau des Münchried-Areals zum Schulzentrum gewertet, da hier durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen mit erheblichen Immissionen und Emissionen gerechnet wurde. Heute bezeichnen viele Einwohnerinnen und Einwohner – für manchen vielleicht überraschend – ihre Stadt als „grüne Stadt unterm Twiel – Heimat, Hohentwiel, Aach“.

Luftbildaufnahme von Westen über das Twielfeld und die Innenstadt 1985. Die innenstadtnahen Bereiche westlich der Aach wurden nach dem Bau des Münchried-Schulzentrums von einer weiteren Bebauung ausgenommen.

„Aus der Stadt über den Fluss auf den Berg“ – der Twillibär macht Singen berühmt

Die Landesgartenschau im Jahr 2000 gleicht einer Erfolgsstory der Stadt am Hohentwiel; Singen hat nicht nur einen Park direkt am Stadtzentrum gewonnen, sondern auch einen renaturierten Fluss. Im Januar 1994 bewarb sich die Stadt um die Austragung der Landesgartenschau und erhielt im Dezember die Zusage vom Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Baden-Württemberg. Die Fläche: Das Gebiet des ehemaligen Alten Dorfs. Die Aufgabe: Schaffung einer großzügigen innerstädtischen Grünanlage mit einem Stadtpark unter Einbeziehung des historischen Stadtgartens von 1908. Auf dem Gartenschaugelände sollte daneben eine attraktive Wegeführung vom Stadtgarten bis zum Waldfriedhof und Hohentwiel mit Überquerung der Bahnlinie durch eine neue Brücke angelegt werden. Nachdem der Gemeinderat im Juli 1996 dem Rahmenplan und der Durchführung der Landesgartenschau zugestimmt hatte, wurde im Februar 1997 die Landesgartenschau Singen 2000 Management GmbH gegründet. Trotz Widerständen von Seiten der Bürgerschaft erfolgte am 18. April 1997 der Spatenstich. In knapp drei Jahren wurde das Gartenschaugelände gebaut und die Landesgartenschau am 19. April 2000 eröffnet. Als Logo wurde ein grünes Blatt in Form des Hohentwiel gewählt – und der Twillibär konnte stolze 980.000 Besucherinnen und Besucher begrüßen! 

Das Altes Dorf als neue, innerstädtische Grünoase

Das Alte Dorf wurde durch die Stadterweiterung nach Osten und die Überbauung des Hohgarten stadtplanerisch „an den Rand“ gedrängt. Rückbauten und Abrisse hatten zu einem regelrechten „Kahlschlag“ geführt. Ende der 1980er Jahre fanden dort Nutzungen statt, die man in der Innenstadt nicht ansiedeln wollte: der städtische Bauhof, das Schlachthaus, die Feuerwehr und die Stadtgärtnerei hatten hier ihre Standorte. Mit der Ausweisung als Sanierungsgebiet erhoffte sich die Stadtplanung eine städtebauliche und kulturelle Aufwertung des Alten Dorfes. Neben der Schaffung einer kulturellen Mitte wurden auch attraktive Wohngebiete und die Bewahrung von Naturräumen als Sanierungsziele ausgegeben. Durch die Aufnahme in das Städtebauförderprogramm standen hierfür finanzielle Landesmittel zur Verfügung. Ein Schwerpunkt lag auf den Grünflächen im Alten Dorf, wobei die Aach als zentrales Naturelement und „grüne Oase“ fungierte: neben der Verbreiterung des öffentlichen Fußweges entlang der Aach wurde eine weitere Bebauung des westlichen und östlichen Aachufers für die Zukunft ausgeschlossen.

Heute präsentiert sich das Alte Dorf mit der Musikinsel, der Färbe, dem Themenweg am Aachufer, der Stadthalle und dem Stadtpark und der Gems als attraktiver Erholungsort.