Container

Fremdenverkehr und Gastgewerbe

Im Zusammenhang mit dem Bau der Festspielhalle steht auch die rasche Organisation des Fremdenverkehrs und des Gastgewerbes in der jungen Stadt Singen. Bereits 1899 hatten sich die Singener Gastwirte in einem eigenen Gastwirteverein zusammengeschlossen um in der lokalen Politik für die Förderung des lukrativen Fremdenverkehrs zu werben. 1906 gründeten Singener Einzelhändler und Beamte dann sogar einen Fremdenverkehrsverein. Diesem Verein lag neben (überregionalen) Werbemaßnahmen für die Stadt auch der Ausbau des Wegenetzes und die Verschönerung des Ortsbildes am Herzen.

Das "Central"

Zeitgleich mit dem Bau der Festspielhalle ließ der Singener Wirt August Rowald ein „großstädtisches Hotel“ planen. Zur Sommersaison 1907 nahm das „Central-Hotel Schweizerhof“ seinen Betrieb auf. Während Ende des 19. Jahrhunderts vor allem kleinere Gaststätten und Hausbrauereien für die wachsende Einwohnerschaft entstanden, zeigte sich die Vision einer Festspiel- und Kurstadt im Bau von zahlreichen Hotels in den ersten zehn Jahren nach der Stadtwerdung.

Erst in den Jahren nach der Inflation 1923 konnten die Singener Hoteliers und Gastwirte wieder an diesen „Boom“ anknüpfen. Wenngleich Singen eher eine konservative Ausgehkultur behielt, wirkte sich der Optimismus der „Goldenen Zwanziger“ auch hier aus. 1924 eröffnete Konditormeister Eugen Graf in der Ekkehardstraße 2 das „Café Graf“ mit gehobenem Angebot, das sich auch an Touristen richtete. 1927 wurde eines der alten Gasthäuser, die „Sonne“ erweitert und der neue Saal und die Fremdenzimmer dem Zeitgeschmack entsprechend eingerichtet.

In den 1930er Jahren konnten nochmals wachsende Übernachtungszahlen im Zusammenhang mit den von den NS-Machthabern propagandistisch geförderten Festspielen verzeichnet werden, ehe mit dem „totalen Krieg“ und der Beschlagnahme von Hotels während der französischen Besatzungszeit der Fremdenverkehr fast vollständig zum Erliegen kam. Erst 1949 wurde der Verkehrsverein wieder gegründet. Im selben Jahr beteiligte sich die Stadt mit 50.000 DM an der Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft deutscher Bodenseeuferorte“ zur Werbung und Förderung des Tourismus. Der allgemeine Aufschwung des „Bodensee-Tourismus“ ist im Zusammenhang mit der Sehnsucht nach einer heilen Welt, wie sie sich auch in Heimatfilmen („Die Fischerin vom Bodensee“, 1956) ausdrückte, zu sehen. Auch in Singen wurden im „Wirtschaftswunderjahrzehnt“ im August jeweils 5.000 – 9.000 Übernachtungen gezählt. Seit Anfang der 1970er Jahre steigerten sich die Wachstumszahlen im Fremdenverkehr nicht mehr signifikant. Singen hatte vermutlich im Zusammenhang mit dem Trend zu Flugreisen und dem aufkommenden Angebot ländlicher Großhotels als Urlaubsziel an Beliebtheit eingebüßt.  

Das 1967 in Plattenbauweise errichtete Hotel Continental sollte neben drei Geschossen für Hotelzimmer im Erdgeschoss ein Restaurant und eine Bierstube beherbergen. 5 Geschosse waren mit Wohnungen ausgestattet. Rosa Garfinkel, Frau des Hoteliers Maric Garfinkel, kochte polnische, jüdische und russische Spezialitäten. Doch beim lokalen Publikum wurde das Angebot nicht angenommen. In der Folge baute „Mama Rosa“ das „Conti“, wie es im Volksmund hieß, in ein Tanzlokal um. Später machte sie daraus das berüchtigte Striptease-Lokal.

Ebenfalls als modernes Hotel sollte im neuerschlossenen Naherholungsgebiet Ziegeleiweiher das Hotel Landerer ab 1967 Erholungsurlauber mit gehobenem Anspruch nach Singen bringen. Doch das Hotel mit gehobener Küche musste nach nur wenigen Jahren den Betrieb wieder einstellen. In den Obergeschossen entstanden Wohnungen, im Erdgeschoss wurde ein Lebensmitteldiskounter und das bei den Jugendlichen der 70er und 80er Jahre legendäre Pub „Bier-Brezel“ eingerichtet.