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Singen am Ende der wilhelminischen Ära

Als 1871 das deutsche Kaiserreich gegründet wurde, hatte Singen noch ein bäuerliches Gesicht. Im Dorf, das immerhin einen Eisenbahnanschluss hatte, spalteten sich die Geister über die Rolle der Kirche, der Schule und moderner liberaler Ideen, die die Unabhängigkeit der Bildung und des Rathauses von der katholischen Kirche forderten. Im Wirtshaus wurde „vom Biertische aus“ Politik gemacht. Doch der Schritt in die Moderne war unaufhaltsam. Um den Bahnhof ließen sich Industriebetriebe, Händler und Behörden nieder. Der Bildungsbereich wurde durch die Einweihung der weiterführenden Bürgerschule 1901 in der Ekkehardstraße aufgewertet. 1910 folgte die Realschule, das heutige Hegau-Gymnasium. Die wachsende Zahl der Menschen machte den Bau neuer Straßen und moderner Infrastruktur notwendig. Mit dem Zuzug vieler Menschen und den Chancen und Problemen der modernen Arbeitswelt hielt aber auch eine vielfältigere Politik Einzug. Neben die liberalen und konservativ-christlichen Ansätze war nun auch ein sozialistisches Lager mit eigenen Vereinen getreten.

Seit 1912 saßen Sozialdemokraten auch in größerer Anzahl im Bürgerausschuss, das Zentrum hatte nochmals an Stimmen verloren; vor allem, weil zunehmend auch Einheimische der „Pfarrhofpartei“ (so wurde das Zentrum despektierlich bezeichnet) den Rücken kehrten.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, war aus der Landgemeinde auch politisch eine Kleinstadt geworden. Es hatten sich Milieus mit eigenen Parteien, eigenen Zeitungen, Vereinen und Gaststätten entwickelt. Diese Milieus, die teilweise auf offener Straße heftige verbale Auseinandersetzungen führten, fanden erst im Weltkrieg wieder zusammen. Das nationale Interesse einte vor allem Liberale und Konservative wieder. Die Wohnungsnot, die mit der gestiegenen Zahl an Arbeitern vor allem aufgrund der Rüstungsproduktion einherging, war die große Herausforderung jener Jahre. 

Über Partei- und Vereinsgrenzen hinweg sollten mit „patriotischen Abenden“ die Singener Soldaten unterstützt werden.