Blick von Süden auf das Dorf Singen im Jahr 1866
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125 Jahre - (K)eine Stadtgeschichte

Blickt man vom Hohentwiel auf die Stadt, so sind die großen Industrieanlagen im Süden kaum zu übersehen. Noch heute ist Singen stark von der Industrie geprägt. Im späten 19. Jahrhundert siedelten sich zahlreiche Unternehmen in Singen an. Vorteile des Standorts: Die Nähe zur Schweiz und die Anbindung an das neue Eisenbahnnetz. Schweizer Unternehmen umgingen durch ihre Filialen in Singen hohe Zölle – so kamen etwa 1887 Maggi und 1895 die Georg Fischer AG in das Dorf. Die Industrie brachte auch Arbeiter, und die Einwohnerzahl wuchs rasant: In den 20 Jahren zwischen 1890 und 1910 stieg die Zahl von 2.228 auf 8.359 – ein Wachstum von etwa 375 %. Die Industrialisierung in Singen kam spät, doch sie kam schnell und stürmisch.

Singen, ein Marktflecken von 891 Seelen an dem Flüsschen Aach, am Fuße der ruinierten Festung Hohentwiel in der Landgrafschaft Nellenburg und Bezirksamte Radolphzell. Der Ort ist eine Besitzung des Hr. Grafen von Enzenberg, hat eine Schule, Tuchbleiche, Tabacksfabrik, eine Post, und liegt an der Landstraße von Stockach nach Schaffhausen.
Johann Baptist von Kolb, in: Historisch-statistisch-topographisches Lexicon von dem Großherzogthum Baden, Band 3, Karlsruhe 1816, S. 232.

Bei der ersten umfangreichen Ortsbereisung 1850 notierte der Oberamtmann Karl Bittmann dann schon eine Einwohnerzahl von 1.524 Menschen. Davon waren bis auf 14 protestantische Familien alle katholischer Konfession. Immerhin schon 80 Arbeiter waren in der Baumwollspinnerei auf der Aachinsel angestellt. Die meisten Einwohner ernährten sich aus der eigenen Landwirtschaft und dem Handwerk, vielfach arbeiteten sie auch als Tagelöhner.
Mit dem Bau der Eisenbahnlinie und umfangreichen Wirtschaftsreformen im Großherzogtum Baden erlebte das kleine Dorf Singen eine Blüte, die in der Folge dann 1899 zur Stadterhebung führte.

Singen um 1870 von der Schanz aus gesehen. Auf den Hängen erstrecken sich Weinberge, dann folgen die Obstwiesen bei der „Färbe“ und der „Bleiche“. Die ersten Schornsteine auf der „Fabrikinsel“ und an der Bahnlinie kündigen die bevorstehende Entwicklung des Dorfes an.

Dort, wo sich heute längst Straßenzüge, Wohnhäuser und Schulkomplexe erstrecken, lagen um 1930 noch Felder. Das Foto zeigt einen Bauern beim Pflügen seines Feldes beim „Alten Friedhof“.