Maggi-G'ruch und Dosenravioli
Einen Duft, der einen Wetterwechsel ankündigt? Das gibt es wohl nur in Singen! Und zwar schon seit 137 Jahren. Damals gründete der Schweizer Julius Maggi im beschaulichen Singen eine Abfüllstation für seine Flüssigwürze. Gerade einmal sieben Arbeiterinnen waren damals beschäftigt. Bereits im Jahr 1899 hatte das Unternehmen 450 Mitarbeiter. Nicht allein die Nähe zur Schweiz, die Bahnanbindung und die Einsparung von Zöllen hatten Julius Maggi bewegt, in Singen eine Zweigstelle und schließlich das Hauptwerk einzurichten. Im Hegau lebten im 19. Jahrhundert viele Kleinstbauern an der Armutsgrenze, die bei Maggi Arbeit fanden.
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Im Gegensatz zu anderen Betrieben war Maggi schon seit der Gründung der Zweigniederlassung 1887 ein Betrieb mit sehr hohem Frauenanteil. Während in der Fabrikation bis zum Ende des 20. Jahrhunderts vorwiegend Männer arbeiteten, waren in der „Aufmachung“ (Abfüllen, Abpacken) und in der betriebseigenen Landwirtschaft größtenteils Frauen beschäftigt. Zudem wurden vor allem im Herbst Saisonarbeiterinnen zum Sortieren und Putzen des frischen Gemüses benötigt.
Während der beiden Weltkriege mussten Frauen hingegen die Männer auch in den Fabrikationsbereichen und der Spedition ersetzen. Da beim Gemüseputzen und beim Abpacken meist ohne laute Maschinen gearbeitet wurde, bestand die Möglichkeit zum Gespräch oder gar zum Singen. Im Volksmund stand daher die Bezeichnung „Maggi-Wieb“ (Wieb = Frau) auch für Arbeiterinnen, die über Alles und jeden Bescheid wussten.
Maggi-Arbeiterinnen beim Gemüseputzen (um 1930). -
Dort, wo sich inzwischen das PTC, die Bildungsakademie, die Firma Breyer oder das Friedrich-Wöhler-Gymnasium befinden, wurde einst Lauch gehackt, Getreide geerntet oder sogar Tomaten gepflanzt. Maggi betrieb bis Ende der 1950er Jahre eine eigene Landwirtschaft: Neben dem Anbau von Gemüse und Getreide wurde auch Vieh gehalten. Die Tiere dienten nicht nur als Zugtiere für die Feldwirtschaft, sondern wurden auch geschlachtet. Inmitten der sogenannten „Maggi-Felder“ befand sich der Gutshof.
Da der Bedarf durch den eigenen Anbau längst nicht gedeckt werden konnte, kamen Bauern aus dem ganzen Hegau im Herbst mit ihren Fuhrwerken nach Singen, um Erbsen, Kohl, Rüben und anderes Gemüse an die Maggi zu verkaufen. Das Gemüse wurde nach dem Abladen dann in Handarbeit gewaschen, geschält und zerkleinert.
Blick vom Turm des Gaswerks auf die Fabrikanlage der Maggi im Jahr 1938. Rechts im Vordergrund ist der Gutshof des Maggiwerks zu sehen. © Stadtarchiv Singen, Bildarchiv Morast -
„Maggi“ – unwillkürlich denkt man sofort an einen rot-gelben Schriftzug. Seit der Gründung verfolgte die Firma eine konsequente Werbepolitik. Während zunächst mit Textwerbungen des Dichters Frank We- dekind gearbeitet wurde, fokussierte man zunehmend auf Außenwerbung sowie auf die Produktgestaltung und Probieraktionen. Neben den noch heute bekannten Blech- und Emailleschildern waren Händler mit Fahrrädern unterwegs, um Probierportionen zu verteilen.
Die Werbung und der Verkauf wurden seit 1898 aus der Hauptstadt Berlin gesteuert. Kreative Ideen wie ein Rezeptwettbewerb, der die Erstellung eines Maggi-Kochbuchs vorbereitete, zeigten Kundennähe auf. Das Fernsehen als Medium der Wirtschaftswunderjahre wurde von Maggi vor allem mit dem Maskottchen „Fridolin“ genutzt. Und schließlich wurde mit der Gründung des Maggi-Kochstudios 1959 der Grundstein für ein modernes, eventorientiertes Marketing gelegt.
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Maggi verfolgte früh eine für damalige Verhältnisse sehr fortschrittliche Sozialpolitik. Um die Qualitätsstandards hoch zu halten und den Vorsprung zur Konkurrenz zu wahren, galt es, nicht nur dauerhaft Kunden, sondern auch die eigenen Mitarbeiter an die Firma zu binden. Dies stand vor allem im Zusammenhang mit der Wahrung des Produktionsgeheimnisses. Dabei war vor allem der Firmengründer auf ein gutes Verhältnis mit den Arbeitern bedacht: Julius Maggi war der Meinung, dass man die „Arbeitsbedingungen in materieller und moralischer Hinsicht“ stetig verbessern müsse und dies im ständigen Austausch mit den Angestellten. So entstanden als Reaktion auf einen Streik im Jahr 1907 Arbeiterausschüsse als Vorläufer des Betriebsrates. Die Ausschüsse hatten Mitsprache bei Arbeitszeit- und Lohnfragen und dienten als Beschwerdestelle, die dann mit der Betriebsleitung geklärt wurden.
Bereits 1900 war eine betriebseigene Krankenkasse gegründet worden. Schließlich gehörte die Beschaf-fung von Wohnraum für die drastisch gestiegene Zahl an Mitarbeitern zu den Herausforderungen, denen das Unternehmen durch den Bau von Wohnanlagen und eines Mädchenwohnheims entgegenwirkte.
Mädchenwohnheim der Maggi, gegründet 1904. Für junge ledige Arbeiterinnen wurde hier kostengünstig Kost und Logis angeboten, es galt allerdings ein strenges Hausrecht mit frühen Bettzeiten. Aufgrund geringer Nachfrage wurde das Wohnheim 1912 geschlossen. © Stadtarchiv Singen

Die Maggiflasche

Die Dosenravioli

Die Tütensuppe
„Maggi, Maggi muss hinein …“
Wurde von einer Band der Maggi-Beschäftigten mal auf einem Fest auf dem Rathausplatz gespielt. War sehr fetzig. Konnte den Text nie im Internet finden.