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Än Kuehdreck uff  Ekkehardstroß… – 
Das
 verschwundene Singen 

„Än Kuehdreck uff  Ekkehardstroß, wa schadet des denn eu?
Wo
 kei Natur mehr z’finde isch, do herrscht die Barbarei!“
-
 Karl Glunk im „Güllelochlied“, entstanden an der Fasnet 1967.

 
So heißt es in einer Strophe des Singener Fasnetsliedes, dass dem „Zäh“ (Alfons Weber) sein „Gülleloch“ besingt. Heute unvorstellbar, dass mitten auf einer der Hauptverkehrsstraßen ein Kuhfladen zu finden ist! Doch bis in die 1960er Jahre hinein existierten im westlichen Teil der Stadt, 
im 
„Alten Dorf“, noch etliche Bauernhöfe. 

Übersicht der Viehhaltung in Singen um 1950.

Die Karte verdeutlicht, wie viele Klein- und Kleinstbetriebe noch Anfang der 1950er Jahre Tiere zur Selbstversorgung, aber auch im Haupterwerb hielten. Mit einer in den 1930er Jahren begonnenen Umsiedlungspolitik sollten Landwirtschaftsbetriebe zunehmend aus dem Stadtbild verdrängt werden. Daran knüpfte die staatliche und kommunale Politik der 1950er und 1960er Jahre an. Ein paar wenige Singener Landwirte verließen Singen und verlagerten ihre Betriebe in das Umland. Die meisten Familienbetriebe allerdings gaben die ohnehin unrentable Landwirtschaft auf. Ochsenkarren und Pferdekutschen verschwanden ebenso aus dem Ortsbild wie das viel besungene „Güllenloch“.

Der Geschmack der Heimat...

Ein Samstag in der Innenstadt: Der Duft von „Singemer Grillwürsten“ und geröstetem Kaffee liegt in der Luft, aus dem ganzen Umland strömen Menschen auf den Wochenmarkt am Herz-Jesu-Platz. Bei entsprechendem Wetter breitet sich bei allem Trubel mediterrane Gelassenheit aus. Abends darf es dann vielleicht ein Gläschen „Hohentwieler“ sein? In den letzten Jahren erleben Regionalität und Direktvermarktung eine Renaissance. Ein Bewusstsein für einen Einkauf bei örtlichen Bauern und Handwerkern ist auch bei vielen jungen Menschen eingekehrt. Dabei hat der kulinarische Genuss in Singen eine lange Tradition: Umgeben von einer Landschaft, in der Wein, Obst und Gemüse angebaut werden, ist die Stadt immer Umschlagplatz gewesen für Produkte „made im Hegau“.

Die Gemeinde Singen zählt seit einigen Jahren seit stetiger Zunahme des Verkehrs daselbst ca. 40 Familien von Angestellten höherer und niederer Klasse, welche alle keine Lebensprodukte pflanzen und nicht in Besitz von Gärten oder sonstigem Lande sind, und müssen oft Tage zubringen, um die bedürftigen Gemüse aufzutreiben. Ferner sind bei 39 Familien noch Ortsburger [Ortsansässige] und Fabrikarbeiter, welche ebenfalls nicht im Besitz von 
Gärten
 sind und sich bedürftigem 
Gemüse entbehren müssen, da keine Gelegenheit, oder nur wenig, zum Kaufen vorhanden ist.
 
Von den vielen Fabrikarbeitern in der Fabrik Arlen wurde die Gemeinde
 
Singen
 schon um Errichtung eines 
Wochenmarktes
 angegangen. Da viele Familien wegen Mangel an Kaufgelegenheit das Gemüse entbehren müssen. 
Schreiben von Bürgermeister Kaspar Waibel an das Bezirksamt Konstanz vom 10.09.1877, 10 Gemeindearchiv V.2/73.
  • Bereits im 17. Jahrhundert gab es in Singen zwei Jahrmärkte. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden dann an drei Terminen im Jahr Vieh- und Krämermärkte abgehal- ten. Erst 1877 genehmigten die Behörden der Landge- meinde Singen einen „wöchentlichen Victualienmarkt“. Dieser Wochenmarkt fand dienstags im Bereich des Hohgarten statt. Seit dem Abriss des alten Rathauses findet der Wochenmarkt bei der Herz-Jesu-Kirche statt. Damals wie heute ist der Wochenmarkt eine wichtige Einkaufsmöglichkeit und ein Treffpunkt für Menschen aus der ganzen Region. 
  • Als Singen zur Stadt erhoben wurde, gab es im Ort noch drei Torkeln (Gebäude mit großen Weinpressen). Auf der Schanz sowie zwischen Nordstadt und heutiger Hohenkräherstraße lagen die Rebhänge, auf denen die Singener ihren Wein vor allem zum Eigenverbrauch anbauten. Der Wein war von mittlerer Qualität, es wurden rote und weiße Sorten angebaut. Da Arbeitskräfte zunehmend in der Industrie Anstellung fanden, wurde der zeitintensive Weinbau um 1900 von vielen aufgegeben. Hinzu kam die Ausbreitung von Weinkrankheiten und der Reblaus. Aufgelassene Rebflächen wurden mit Obstbäumen bepflanzt. Die Singener tranken nun zunehmend Most (aus Birnen und Äpfeln). 1912 wurde auch am Hohentwiel der Weinbau aufgegeben. 1928 begann Robert Vollmayer mit der Neubepflanzung des Olgaberges und damit die Geschichte des modernen „Hohentwielers“. 

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