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Von der Reinigungsmaschine zur Magentablette

Neben den drei traditionellen Großunternehmen, die allesamt auf Niederlassungen von Schweizer Unternehmen zurückgehen, ist in der heutigen Hegaumetropole eine Vielzahl an Betrieben vertreten. Singen als aufblühende Industriestadt bot auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ideale Voraussetzungen hier Innovationen zu entwickeln, zu produzieren und zu vermarkten.

Firmengebäude von F.X. Ruch in der Luisenstraße 2 in den 1920er Jahren.

Von der Eisenhandlung zum Sanitärspezialisten

F.X. Ruch

Bereits 1886 gründete Friedrich Dürrhammer am östlichen Rand des Dorfes Singen eine Handlung für Eisenwaren, Spezereien und Farbwaren. Franz Xaver Ruch übernahm 1898 dieses Geschäft und handelte fortan auch mit Baumaterialien, Pflanzensamen und Kunstdüngern. Wenig später vergrößerte Ruch durch den Bau eines Wohn- und Geschäftshauses den Betrieb. In der Luisenstraße 2 (heute Parkhaus Schwarzwaldstraße) entstand ein stattlicher Bau mit LKW-Garagen. Das Geschäft wuchs in den folgenden Jahren, weiter, sodass in den 1930er Jahren Filialen in Friedrichshafen und Überlingen errichtet werden konnten und man auch den Handel mit Sanitäreinrichtung aufnahm. 
1953 wurde ein Gelände an der Industriestraße erworben, auf dem bis 1973 ein Gebäudekomplex mit Ausstellungs-, Büro- und Lagerflächen entstand. In den vergangenen Jahren konnte dieser Komplex vollständig erneuert werden. 

Mercedes-Servicestation von Bölle & Vollmer in der Hauptstraße (heute Feuerwehr-Gebäude).

Von Landmaschinen zum Daimler Benz

Bölle & Vollmer

Im Sommer 1919 gründete der Kaufmann Franz Bölle, der Ingenieur Wilhelm Vollmer und der Schlossermeister Kilian Maier eine Firma für Landmaschinen und Landesprodukte mit einer angeschlossenen Reparaturwerkstätte. Die Werkstatt wurde im Anwesen Hauptstraße 29 eingerichtet, wenig später entstanden dort große Fahrzeughallen, die bis heute als Teil des Feuerwehrhauses genutzt werden. Zudem wurde das Kraftwagen- und Fahrradgeschäft von Ludwig Graf auf der gegenüberliegenden Straßenseite gepachtet. 1925 schloss die Firma Bölle & Vollmer einen Vertretungsvertrag mit Daimler und Benz. 1937/38 errichtete man schließlich die erste Großtankstelle Singens in der Hohenkrähenstraße. Der Bau eines Reparaturwerks in der Georg-Fischer-Straße erfolgte 1966, ehe 1974 dann auch die Verkaufs- und Verwaltungsabteilungen ins Industriegebiet umziehen konnten.

Gebäude der Firma Haas & Kellhofer auf dem Gelände des heutigen DAS 2 (1950er Jahre).

Flugzeugteile und Industriehandel

Haas & Kellhofer 

Anfang der 1920er Jahre fertigte das kleine Unternehmen „Wagner & Haas“ mit Sitz in der Hauptstraße 82 hauptsächlich Maschinenteile für die Aluminium-Walzwerke. Der junge Ingenieur Gustav Kellhofer stieg 1924 in das Unternehmen ein, dass sich rasch vergrößerte und schließlich auf das Gelände der früheren Kettenfabrik Graf und Knäbel an der Maggistraße umsiedelte. Neben dem Bau von Maschinen für die Singener Großbetriebe belieferte HKS (Hass & Kellhofer Singen) die Dornierwerke und ZF. Mit dem Wirtschaftswunder wurde die Produktpalette auf den Bau von Verpackungs- und Druckmaschinen umgestellt. Die große Nachfrage ermöglichte bald den Zukauf weiterer Produktionsflächen an der Julius-Bührer-Straße. Heute wird von HKS ein Handel mit Industrieteilen betrieben sowie eine Reparaturwerkstätte.

Blick auf die Südstadt im Ausbau (1950er Jahre).
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„Pfennig-Sahne“ und Beerengarten  
Die
 Versorgung der Singener Bevölkerung

Die Versorgung mit Lebensmitteln wandelte sich in den vergangenen 125 Jahren drastisch. Als Singen zur Stadt erhoben wurde, lebte der Großteil der Bevölkerung noch in landwirtschaftlichen Familienbetrieben. Auch wer in der Fabrik oder im Handwerk arbeitete, hielt zur Selbstversorgung meist noch Kleintiere wie Hühner oder Hasen und pflanzte Gemüse im eigenen Garten. Weitere Lebensmittel kaufte man auf dem Wochenmarkt oder bei den wenigen „Kolonialwarenläden“.

Neben den Import- und Markenprodukten, die in den „Kolonialwarenhandlungen“ zum Kauf angeboten wurden, konnte man Milchprodukte bei „Milchereien“ einkaufen. Als besondere Leckerei kauften zahlreiche Singener Kinder hier Schlagsahne in kleinen Papiertüten, im Volksmund als „Pfennig-Sahne“ bekannt.

Fleisch und Wurst wurde bei den zahlreichen Metzgereien besorgt, Brot und Mehle beim Bäcker. Man ließ auch Kuchen und Zopf, der Zuhause vorbereitet wurde, in den Bäckereien für ein paar Pfennige backen. Nicht jeder hatte einen (ausreichend großen) Backofen zuhause.

Seit Beginn der 1970er Jahre setzte ein Trendwech- sel ein. Anstatt in kleinen Geschäften und handwerklichen Betrieben kauften die Menschen vermehrt bei Supermarktfilialen ein. Viele Familienbetriebe über- lebten diesen Trendwechsel nicht. Nur wenige Bäcker und Metzger konnten sich durch Modernisierung und das Eröffnen von Filialgeschäften gegen auswärtige Konkurrenz behaupten.

Wo die Singener sich mit Lebensmitteln versorgen konnten

Alter Schlachthof in der Schlachthausstraße (1987).

Schlachthof

Einst war der Schlachthof, der 1913 am Stadtrand im „Gewerbegebiet“ des Inseldorfes errichtet wurde, ein Symbol für die moderne Stadt. Hier schlachteten die örtlichen Metzger – auch im Auftrag der Singener Landwirte. 1993 wurde der Schlachthof in die Gottlieb-Daimler-Straße verlegt. Hier eine Aufnahme des alten Schlachthofs in der Schlachthausstraße aus dem Jahr 1987.

Metzgerei Guedmann in den 1930er Jahren.

Metzgereien, Bäckereien, Tante-Emma-Läden

Auch in den heute fast aus- nahmslos als Wohngebieten genutzten Quartieren gab es einst viele Geschäfte. Vor allem Bäckereien, Metzgereien und „Tante-Emma-Läden“ waren im ganzen Stadtgebiet verteilt zu finden. Hier eine Aufnahme der Metzgerei Gü- demann am Pimpfen-Brunnen (heute Bären-Brunnen) an der Ecke Burgstraße/Widerholstraße. Die Aufnahme entstand in den 1930er Jahren.

Das Kaufhaus Bilka in der August-Ruf-Str. 5 (1987). Heute befinden sich hier H&M und Woolworth.

Kaufhäuser und Supermärkte

Um 1970 begann mit den großen Kaufhäusern und Supermärkten eine neue Ära des Einkaufens, die zunehmend die kleinen Läden verdrängte. Bilka, Eska, Karstadt, Kolossa und das EKZ wurden nun zu Hauptanlaufstellen für die konsumfreudigen Bürger. Mit Rabattaktionen, Verköstigungsangeboten und Modeschauen lockten die Kaufhäuser die Massen an. Hier das Kaufhaus Bilka (später Woolworth) im Jahr 1987.

Also wir sind in der Südstadt aufgewachsen in der alten Gartenstadt. Es war ein Dorf für sich, so eine Siedlung. Jeder hat jeden gekannt. Es gab viele kleine Geschäfte ringsum Metzgereien, Bäckereien usw.
Zitat aus einem Zeitzeugen-Interview

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